Oberhofen – Die Ära von Walter Hofer endete mit einer Hiobsbotschaft. «Wir müssen Sie informieren, dass die Weltcup-Saison 2019/20 zu Ende ist», sagte der langjährige Rennleiter des Weltverbandes Fis vor wenigen Tagen in Trondheim.
Das planmäßige Ende der Skisprung-Saison und damit auch der gebührende Schlussakt für die prägende Figur seines Sports mit großer Skiflug-Show in Planica fielen der Coronavirus-Pandemie zum Opfer.
So schade Hofer die Verschiebung der Skiflug-WM auf den kommenden Winter aus sportlicher Sicht natürlich findet, so gut kann der 65-Jährige selbst auf einen Abgang vor tausenden Fans verzichten. Das große Brimborium braucht der Österreicher nicht, eine große Abschiedsrede hätte er sowieso nicht gehalten. «Die Sportler stehen im Mittelpunkt und nicht die Funktionäre», sagt er der Deutschen Presse-Agentur und beschreibt damit auch ein wenig das, was man als Motto seiner 28 Jahre langen Amtszeit bezeichnen könnte.
Zwar ist Hofer vielen Skisprung-Fans durch zahlreiche Auftritte vor der Fernsehkamera bekannt. Er drängte sich dabei aber nie nach vorne, trat vielmehr als sachlicher Erklärer und Schanzen-Fachmann auf. «Ich hatte das Privileg, eine Tätigkeit zu haben, die ich nicht als Arbeit bezeichnen würde», sagt er. «Ich war zwar ständig im Dienst, aber ich war auch ständig in der Freizeit, weil es mein Hobby war.» Seit 1992 hat Hofer aus einem Nischensport ein TV-Event für die Massen geformt.
«Walter war in den letzten Jahren der Entwickler des Produkts Skispringen», sagt Bundestrainer Stefan Horngacher, der Hofer bereits aus seiner Zeit als aktiver Sportler kennt. «Man kann ihm eigentlich nur danken, dass er unseren Sport so weit nach oben gebracht hat.»
Um die Sportart besser verständlich zu machen, die weltweit laut Hofer nur rund 400 gut ausgebildete Athleten ausüben, vereinheitlichte der Österreicher mit seinem Team zunächst die Regeln bei WM, Olympia, im Weltcup und beim Skifliegen. «Wir haben das erst überarbeitet, einen sportlichen Wert geschaffen und dann kam das Fernsehen», sagt er. Wie immer, wenn er etwas positiv hervorhebt spricht Hofer von «wir», nicht von «ich».
Damit die Randsportart, die an vielen Winter-Wochenenden und insbesondere bei der Vierschanzentournee ein Millionenpublikum vor den Fernseher lockt, für die breite Masse attraktiv wird, beherzigte Hofer drei «ungeschriebene Gesetze», wie er es nennt.
Erstens: Skispringen darf nie länger als ein Fußballspiel dauern. Zweitens: Die Pause zwischen dem 1. und 2. Durchgang darf nie länger sein, als der zweite Durchgang selbst. Und drittens: Die Entscheidung muss immer zum Schluss fallen. «Im ersten Durchgang durch die Startreihenfolge nach umgekehrtem Weltcupstand. Und im zweiten Durchgang durch die Startreihenfolge nach dem umgekehrten Ergebnis vom ersten Durchgang», erklärt Hofer.
Stolz ist er aber nicht in erster Linie auf die TV-Quoten, sondern auf etwas anderes. «Was schwere Stürze in der Flugphase angeht, haben wir das Skispringen viel sicherer gemacht und das ist etwas, worauf ich stolz bin», sagt Hofer.
Der Kärntner will in Zukunft wieder mehr Zeit in seiner Heimat verbringen. Komplett zurücklehnen kann er sich aber noch nicht. Hofers Vertrag bei der Fis gilt bis zum 31. Mai, Zeit die er nutzen will, um seinen Nachfolger, den Italiener Sandro Pertile, weiter einzuarbeiten. «Wir telefonieren gerade täglich», sagt Hofer. «Ab dem 1. Juni habe ich dann in meinen elektronischen Kalender bis 2055 «Rente» eingetragen.»
In jenem Jahr würde Hofer 100 werden. Vorher, wird man ihn aller Voraussicht nach noch öfter an den Schanzen sehen, als Zuschauer oder Berater. «Ich kann mir Walter Hofer nicht zu Hause herumsitzend vorstellen», sagt auch Pertile. Die Skisprung-Leidenschaft lässt den Visionär so schnell nicht los.
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(dpa)