Calgary – Exakt 15 Tage nach der ersten Medaille eines deutschen Eissprinters bei einer Einzelstrecken-WM ist nun für Nico Ihle sogar der Titel möglich.
«Nach der WM ist vor der WM. Meine Form ist so gut, dass ich jetzt die Sprint-WM zum Gewinn einer weiteren Medaille und zwei deutschen Rekorden nutzen möchte», berichtet der Chemnitzer nach dem zweiten Drittel seiner Erdumrundung.
Direkt von den Titelkämpfen im Olympia-Ort Gangneung am Japanischen Meer war der 31-Jährige über Vancouver nach Calgary geflogen, wo die Sprinter am Samstag und Sonntag im Olympic Oval von 1988 das bekannte «Sahne-Eis» erwartet. Wegen der Höhenlage von 1105 Meter ist Calgary derzeit die einzige Eisschnelllauf-Bahn neben Salt Lake City, auf der Weltrekorde möglich sind.
«Das Eis ist der Wahnsinn. Einfach sehr, sehr gut. Ich habe in dieser Woche einige Tempotrainings absolviert und bin dabei die schnellste Runde meiner Karriere gelaufen», schildert Ihle die vorzüglichen Bedingungen auf der Bahn in der Provinz Alberta. Und etwas verhalten fügte er hinzu: «Ich will nicht hochstapeln. Aber ich glaube, eine solche Runde im Wettkampf würde fast zum Weltrekord reichen», sagt er.
Doch der Chemnitzer bleibt zugleich Realist. «Mein Ziel ist eine Medaille. Dann wäre ich zufrieden», räumt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ein. Bei der WM im Sprint-Vierkampf werden vier Strecken gelaufen, zweimal die 500 und zweimal die 1000 Meter. Und genau darin sieht Ihle seine Chance. Kaum ein Athlet ist auf beiden Strecken so ausgeglichen stark wie er. Immer vorausgesetzt, er leistet sich keinen Fehler.
In Gangneung hatte Ihle beim Gewinn von WM-Silber trotz Flachland-Bedingungen seinen deutschen Rekord über 500 Meter in 34,66 Sekunden nur um zwei Hundertstel verfehlt, über 1000 Meter war er WM-Vierter. Im Vorjahr hatte er bei der WM in Seoul als gleichfalls Vierter seine erste Medaille im Sprint-Mehrkampf haarscharf verpasst, 2015 war er in Astana auf Medaillenkurs liegend wegen Fehlstarts disqualifiziert worden.
Mit einem Titel könnte Nico Ihle Geschichte machen: Noch nie hat ein deutscher Eisschnellläufer WM-Gold bei einer Sprint-WM gewonnen. Der Berliner Uwe-Jens Mey war zwischen 1988 und 1991 dreimal WM-Zweiter, ansonsten gingen deutsche Eissprinter bei den bisher ausgetragenen 47 Titelkämpfen stets leer aus. Mit der Bronzemedaille bei der EM in Heerenveen hatte Ihle sein Potenzial im Sprint-Vierkampf angedeutet.
Im Januar waren zwei Niederländer, Europameister Kai Verbij und Kjeld Nuis, der Doppel-Weltmeister über 1000 und 1500 Meter, eine Winzigkeit schneller als Ihle. Doch der Sachse hat in Calgary auch die Russen Ruslan Muraschow und Denis Jesin auf dem Zettel. Die stärksten Asiaten hingegen fehlen in Calgary, sie laufen bei den zeitgleich stattfindenden Asien-Spielen. Titelverteidiger und 500-Meter-Weltrekordler Pawel Kulischnikow aus Russland fehlt verletzungsbedingt ebenso wie Brittany Bowe, die amerikanische Vorjahressiegerin.
Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)