Aspen – Noch etwas euphorisiert von seinem Riesenslalom-Podestplatz in Aspen erlaubte sich Felix Neureuther ein Späßchen. «Von uns aus könnte jetzt die Saison beginnen», sagte der Ski-Routinier, der wie viele seiner DSV-Teamkollegen just zum Saisonende noch einmal aufdrehte.
Erschöpft vom schwierigen Rennen bei frühlingshaften Temperaturen ergänzte Neureuther freilich, dass er sich doch auf die Pause samt Kurzurlaub freue. Im Olympia-Winter wollen Neureuther und Co. mit dem Selbstvertrauen aus diesem Saisonfinale angreifen. Die deutschen Vorstellungen in den Rocky Mountains von den Speed-Herren über Altmeister Neureuther bis hin zu den Slalom-Damen machen Mut.
«Wir haben ein paar Dinge relativieren können», sagte Alpin-Direktor Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben bewiesen, dass wir stärker sind, als wir bei der WM gezeigt haben.» In der Schweiz wurde statt der erhofften drei Medaillen nur eine gewonnen.
Die Enttäuschung von St. Moritz soll im Deutschen Skiverband (DSV) noch aufgearbeitet werden – in der letzten Weltcup-Woche in Aspen aber hinterließ das Team einen positiveren Eindruck. Vor allem der zweite Platz von Neureuther im Riesenslalom am Samstag hinter dem österreichischen Ski-Dominator Marcel Hirscher war aller Ehren wert. «Das war wirklich sehr gut und ein schöner Saisonabschluss», sagte der Partenkirchener, der in der neuen Woche 33 Jahre alt wird.
Dass er auf dem von der Sonne aufgeweichten Schnee seine Führung nach dem ersten Lauf nicht halten konnte und dadurch den 13. Sieg im Weltcup verpasste, wurmte ihn offenbar nicht sonderlich. «Ich habe dem Marcel ein bisschen Paroli bieten können», meinte Neureuther.
Der sechsmalige Gesamtweltcupsieger ist seit Jahren Stammgast auf den alpinen Podien – und dahin zieht es auch die deutschen Athleten. In der lange gescholtenen Speed-Abteilung der DSV-Herren unterstrich Andreas Sander mit Rang sechs in der Abfahrt von Aspen die Ambitionen auf das Treppchen, und auch der junge Thomas Dreßen drängt in die Weltspitze. Im Team-Event, der 2018 in Pyeongchang erstmals olympisch sein wird, überzeugten die DSV-Asse mit Platz zwei.
Selbst die oft kritisierten Slalom-Damen mausern sich. Marina Wallner wurde am Samstag beim überraschenden Erfolg der Slowakin Petra Vlhova Zehnte und bestätigte ihre Klasse nach dem siebten Platz eine Woche zuvor in Squaw Valley. Beide Male war sie im Finale schneller als Weltcup-Gesamtsiegerin Mikaela Shiffrin aus den USA. «Sie hat sehr viel Perspektive und Potenzial», sagte Maier, der die 22 Jahre alte und zuletzt lange verletzte Oberbayern nicht unter Druck setzen will. Wallner war neben Christina Geiger (11.) und Lena Dürr (15.) die dritte DSV-Fahrerin im Slalom-Finale – 2016 hatte es keine unter die Top 25 der Disziplinwertung geschafft.
Die guten Auftritte in Aspen helfen dem deutschen Team bei der Vergabe der vorderen Startplätze für den Saisonauftakt 2017/18. Auch psychologisch motiviert ein vielversprechender Abschluss mit vorderen Rängen für die anstrengende Vorbereitung im Sommer.
Weil aber etwa im Riesenslalom neue Ski eingeführt werden, haben die Plätze zwei von Neureuther und vier von Stefan Luitz womöglich kaum Aussagekraft für die nächsten Saison. «Wir sind alle gespannt, wie das sein wird», sagte Neureuther, der nach dem abschließenden Slalom am Sonntag sofort mit Materialtests für den nächsten Winter anfangen will. Also beginnt die Saison doch irgendwie schon jetzt.
Fotocredits: Klaus Tech
(dpa)