Nuku’alofa – Der Extrem-Sportler Pita Taufatofua hat ein Problem. Wenn er in gut zwei Monaten bei den Olympischen Winterspielen für Tonga im Langlauf antreten will, braucht er eine Ski-Ausrüstung. Und für eine Ausrüstung braucht er Geld. Aktuell hat Taufatofua beides nicht.
Nun hat er zu einer Spendenkampagne aufgerufen. «Unser eigentliches Ziel waren 50 000 Euro. Bisher haben wir aber erst 6000 Euro bekommen», sagt Taufatofua der Deutschen Presse-Agentur. Das neue Ziel seien demnach 30 000 Euro, die zusammenkommen sollen.
Doch wer den 34-Jährigen kennt, weiß, dass dieser schon ganz andere Herausforderungen gemeistert hat. Vor einem Jahr wollte der Tongaer mit dem Spitznamen «Coconut Fighter» (Kokosnusskämpfer) unbedingt zur Nordischen Ski-WM. Damals hatte sein Problem darin bestanden, dass er in dem Inselstaat im Südpazifik in seiner kompletten Jugend keinen Schnee gesehen hatte. Auf Skiern stand er auch noch nie. Als er Langlauf lernte und sich für die WM im finnischen Lahti qualifizierte, gab es prompt das nächste Problem: «Ich weiß noch nicht richtig, wie man bremst.»
Bekannt wurde Taufatofua gar nicht im Schnee, sondern am Zuckerhut. Ins legendäre Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro trug er bei der Olympia-Eröffnungsfeier 2016 die Fahne des Südsee-Staates im Baströckchen und mit nacktem, eingeölten Oberkörper. Er begeisterte damit die Frauen-Welt und hatte in kürzester Zeit über 100 000 Fans auf Instagram. Doch Taufatofua setzte sich schnell ein neues Ziel: Er wollte zu Olympia 2018 nach Pyeongchang.
«Um mich für die Sommerspiele zu qualifizieren, habe ich 20 Jahre gebraucht», erklärt er, der in Rio als Taekwondo-Kämpfer antrat. Umso sensationeller wäre es, wenn der in Australien geborene Ehrgeizling nun seinen Winterstart in kürzester Zeit schaffen würde – ein Jahr, nachdem er gelernt hat, wie Skilanglauf funktioniert. «Es ist unmöglich», antwortet Taufatofua auf die Frage, wie realistisch seine Teilnahme bei den Spielen vom 9. bis 25. Februar sei. «Aber genau deswegen muss ich es versuchen.»
In Deutschland werden Ziele bei Großereignisse gern an Resultaten und Edelmetall gemessen. Das Endergebnis im Medaillenspiegel zählt besonders, auch die Anzahl von gesammelten Top-Acht-Plätzen ist wichtig. Taufatofua sagte vor seinem besonderen WM-Erlebnis in Lahti: «Ich habe mir vorgenommen, einen Schritt nach dem anderen zu gehen.» Schnee kennenlernen, Skilaufen lernen, Rennen beenden. Eins nach dem anderen. Und jetzt eben ab zu Olympia.
Die Kampagne bei der Spendenplattform GoFundMe soll Taufatofua das Budget bringen, mit dem er sich neben einer professionellen Ausrüstung auch die Reisen nach Europa finanzieren will. Dort will der Tongaer bei den letzten Qualifikations-Rennen seine Chance auf das Ringe-Spektakel in Südkorea wahren. Immerhin: Bei den WM-Titelkämpfen in Lahti, wo er mit einer geliehenen Ausrüstung angetreten war, landeten ein Montenegriner und zwei Venezolaner noch hinter dem «Coconut Fighter».
Und auch in Pyeongchang würde sich Taufatofua mit dem eigentlichen Motto «Dabei sein ist alles» zufrieden geben. Gefragt, was er nach den Spielen gerne über sich lesen möchte, antwortet der Olympiaheld des Inselstaates: «Der Tongaer Athlet Pita Taufatofua qualifiziert sich für die Winterspiele und zeigt der Welt die Kraft seines Traums.»
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(dpa)