Wengen – Die Olympia-Qualifikation quittierte Linus Straßer mit einer Grimasse. Durch den neunten Platz beim Weltcup-Slalom in Wengen und seinem besten Saisonergebnis ist der 25-Jährige zum ersten Mal in seiner Karriere bei Olympischen Winterspielen dabei.
Für ausgelassene Freude waren dem Skirennfahrer seine beiden Durchgänge in der Schweiz aber nicht gut genug. «Ich habe noch nie Wengen so schwer erlebt», sagte er im Ziel. «Ich bin weder mit dem ersten noch mit dem zweiten so richtig happy. Aber es ist trotzdem schön, wenn man im Ziel grün aufleuchten sieht.»
Mit Straßer wuchs das deutsche Alpin-Team 26 Tage vor der Eröffnungsfeier in Pyeongchang auf elf Starter. So viele waren es zuletzt 1992. Dazu kämen in der Theorie auch noch Felix Neureuther und Stefan Luitz, die mit gerissenen Kreuzbändern aber in der Reha stecken, Olympia verpassen und bereits an den kommenden WM-Winter denken. Ohne die beiden Medaillenkandidaten ruhen die deutschen Hoffnungen auf Edelmetall vor allem auf Viktoria Rebensburg, die wegen einer Grippe auf die Speedrennen in Bad Kleinkirchheim verzichtete – und auf Thomas Dreßen.
Als Botschafter fürs Skifahren ist der 24-Jährige der logische Nachfolger von Neureuther. Wie Deutschlands bester Skirennfahrer vermittelt auch der 100-Kilo-Mann mit seiner offenen Art, dem bayerischen Dialekt und den spontanen Aussagen eine glaubwürdige Lust und Freude an seinem Sport. «Vor der Kulisse zu fahren, das ist einfach nur noch geil», schwärmte Dreßen nach Rang fünf bei der legendären Lauberhorn-Abfahrt am Samstag. Voller Selbstvertrauen kann er nun zu den Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel reisen.
Wie groß das Potenzial und damit verbunden auch die Erwartungshaltung an den Bayern inzwischen ist, zeigte die Reaktion von Bundestrainer Mathias Berthold. Wegen eines Fehlers ganz am Ende auf der mit 4270 Metern längsten Weltcup-Abfahrt der Welt schüttelte Berthold den Kopf nach Dreßens Zieleinfahrt in Wengen – dabei reichte die Leistung am Ende zum zweitbesten Ergebnis seiner Weltcup-Karriere. «Das wird der Mann der Zukunft sein im Abfahrtsrennsport», sagte Neureuther bei seinem Sportstudio-Auftritt am Samstagabend.
Auch Straßer hat ähnliche Prognosen bereits über sich gehört, kämpfte in diesem Winter aber erneut lange mit sich selbst. Nach Rang zehn in Adelboden ist der neunte Platz in Wengen nun ein weiterer Fingerzeig, dass er rechtzeitig vor seinen Lieblingsrennen in Kitzbühel am kommenden Sonntag und Schladming zwei Tage später aufsteigende Form hat. «Da freue ich mich riesig drauf», sagte Straßer.
Auf den überlegenen Gewinner Marcel Hirscher aus Österreich fehlten dem 25-Jährigen am Sonntag dennoch bereits 3,44 Sekunden. Zweiter wurde Henrik Kristoffersen aus Norwegen mit 0,93 Sekunden Rückstand. Rang drei ging an den Schweden Andre Myhrer, der bereits 1,72 Sekunden langsamer war als Rekord-Mann Hirscher beim 53. Weltcup-Sieg seiner Karriere. Nur Ingemar Stenmark (86) und Hermann Maier (54) haben noch mehr Weltcup-Siege.
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(dpa)