Nach Olympia-Debakel: Eisschnelllauf-Chefcoach vor Abschied

Minsk – Zum Abschluss einer desaströsen Olympia-Saison steht die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft vor personellen Veränderungen. Für Cheftrainer Jan van Veen deuten alle Zeichen auf Abschied hin.

Beim Weltcup-Finale in Minsk nutzte der Niederländer bereits die Gelegenheit, sich vom Damen-Team zu verabschieden. Offiziell bestätigen oder dementieren wollte er seinen Rücktritt nicht. «Aber ich habe eine Entscheidung getroffen, die ich zu Wochenbeginn öffentlich machen werde», sagte van Veen der Deutschen Presse-Agentur am Rande des Finals, bei dem Claudia Pechstein im deutschen Team mit Platz drei für den 115. Podestplatz ihrer Karriere sorgte. Das Damen-Trio sicherte mit Rang zwei in der Teamverfolgung den einzigen Podestplatz im Gesamt-Weltcup.

Van Veen hatte noch bei den Winterspielen in Pyeongchang seine Bereitschaft erklärt, seinen Weg in Deutschland weitergehen zu wollen. «Ich habe noch Spaß daran, Athleten schneller zu machen», sagte der Mann aus dem holländischen Dwingelo. Doch inzwischen habe er alles genau analysiert und sich Gedanken gemacht. «Ich habe Plus und Minus gegeneinander abgewogen», sagte er.

Während DESG-Präsidentin Stefanie Teeuwen nicht zu erreichen war, erklärte der für Leistungssport im Verband zuständige Vizepräsident Hubert Graf, es sei «im Präsidium noch keine Entscheidung im Fall van Veen» gefallen. «Wir wollen ihn so schnell wie möglich einladen und gehen unvoreingenommen in dieses Gespräch», sagte Graf der Deutschen Presse-Agentur.

Offensichtlich will van Veen nun einer Entscheidung des Präsidiums zuvorkommen. Ob allein das enttäuschende Abschneiden der Deutschen bei den Winterspielen seinen zu erwartenden Rückzug auslöste, blieb am Wochenende offen. Voraussichtlich ist die vorzeitige Beendigung seines bis Ende Mai laufenden Vertrages auch eine Reaktion auf eine noch nicht öffentliche Personalentscheidung des DESG-Präsidiums zu Sportdirektor Robert Bartko. «Ich gebe dazu heute kein Statement ab, werde mich aber am Montag erklären», sagte Bartko am Sonntag der dpa. Und auch Graf hielt sich noch bedeckt: «Zum Fall Bartko möchte ich mich nicht äußern», sagte der Inzeller.

Bartko hatte van Veen vor der Saison 2015/16 verpflichtet und stets alle Konzepte mit ihm abgestimmt. In der Vergangenheit war vom Präsidium und einigen Top-Athleten kritisiert worden, dass Bartko zu wenig kommuniziere. «Die Zukunft ist völlig unklar. Aber egal, wer künftig Verantwortung übernimmt, er sollte mehr mit uns Sportlern reden. In der Vergangenheit sind zu viele Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg gefällt worden», sagte Patrick Beckert, der durch eine Disqualifikation im Finale über 5000 Meter den Sprung auf den mit 7000 Dollar dotierten Platz drei im Gesamt-Weltcup verpasst hatte.

Als Siebte über 3000 Meter verteidigte Pechstein ihren fünften Gesamtrang. Nico Ihle erzielte als Vierter seine beste Weltcup-Platzierung des Winters über 1000 Meter.

Beckert hatte bei Olympia mit Rang sieben über 10 000 Meter für das beste Einzel-Resultat der deutschen Eisschnellläufer gesorgt. Damit konnte der Erfurter das schlechteste Abschneiden bei Winterspielen seit 54 Jahren nicht verhindern, obwohl nach Sotschi 2014 Präsident, Sportdirektor und Cheftrainer ausgetauscht worden waren.

Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)

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