Salt Lake City/Soldier Hollow – 17 Jahre nach seinem Olympia-Debüt kehrt Michael Greis nach Soldier Hollow zurück. Doch diesmal ist für den Allgäuer die WM-Generalprobe in den Wasatch Mountains im US-Bundesstaat Utah quasi ein Heimspiel.
Denn der dreimalige Turin-Olympiasieger trägt seit Mai 2018 als Cheftrainer des US-Teams der Männer erstmals große Verantwortung. «Es ist eine tolle Herausforderung, macht viel Spaß, und die Jungs merken, dass ich mit voller Leidenschaft dabei bin», sagte der 42-Jährige, der aber mit einem dezimierten Team von nur drei Mann in den letzten Weltcup drei Wochen vor der WM im schwedischen Östersund geht. Den Auftakt machen am Donnerstag (19.15 Uhr/ZDF und Eurosport) die Damen im Sprint, die Männer folgen am Freitag.
Greis soll nach den Rücktritten der US-Routiniers Tim Burke und Lowell Bailey mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ein neues Team aufbauen. Sein Vertrag läuft aber erstmal nur ein Jahr. «Ich schaue dann, ob es passt. Alles andere ist noch offen», sagte Greis, für den die Arbeit mit Athleten wie Sean Doherty (23) und Leif Nordgren (29) ein kleines Abenteuer und ein Lernprozess ist. «Es ist schon eine andere Kultur.»
Der Respekt seiner neuen Schützlinge sei da. «Sie hören schon stark auf den Trainer, meine Meinung ist wichtig. Aber es ist nicht so, dass sie jetzt an meinem Mund hängen und sagen, was kann er mir alles erzählen», erzählt Greis, der 2006 in Turin dreimal Olympia-Gold holte. Selbständigständigkeit sei immens wichtig. «Denn die Professionalisierung ist noch nicht so wie in den großen Nationen», sagt Greis, der Aufbauarbeit leistet. Ist er nicht vor Ort, geht die Zusammenarbeit per Telefon, Internet oder Whatsapp.
Seinen Lebensmittelpunkt hat der Nesselwanger weiter in Deutschland. In der Vorbereitung flog er im Zwei-Wochen-Rhythmus in die USA, im Sommer war das Team dann ein paar Wochen in Deutschland. «Es ist viel Reise-Aufwand, aber bisher kann ich es gut aushalten», sagte der frühere Gesamtweltcupsieger Greis, der zuvor war Greis zwei Jahre Nachwuchscoach in der Schweiz war. Greis hatte vor der aktuellen Saison Kontakt mit dem Deutschen Skiverband und bekam einen Job als Nachwuchstrainer angeboten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verhandlungen mit den Amerikanern aber schon zu weit.
Sein Ziel für diese Saison? «Es wäre super, wenn wir den Nationencup mit Platz 13 halten können. Ich möchte, dass Leif Nordgren oder Sean Doherty ein paar mal unter den Top 15 laufen», sagte Greis, der um die Schwere der Aufgabe weiß: «Es sind nur eine Handvoll Athleten.»
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(dpa)