Seefeld – Von WM-Medaillen in Einzelrennen können deutsche Skilangläufer derzeit nur träumen. Ganz zu schweigen von WM-Titeln. Fast auf den Tag vor zwölf Jahren gelang Axel Teichmann als bislang letztem DSV-Läufer so ein Coup.
Am 24. Februar 2007 stürmte der heutige Techniktrainer der deutschen Auswahl in Sapporo im Skiathlon – damals noch 30-Kilometer-Verfolgung – zu seinem zweiten WM-Erfolg. Teichmann hatte sein Talent bewiesen. Doch reicht Talent? «Das wird eher von außen an einen herangetragen. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich ein besonderes Talent war. Ich wollte mich als Kind und Jugendlicher einfach nur in der Natur bewegen, mich Herausforderungen stellen, Grenzen ausloten und verschieben. Nicht die Ziele anderer erfüllen», sagt der 39-Jährige.
Und genau das ist es, was Teichmann heute oftmals vermisst. «Wollen die jungen Athleten wirklich Grenzen verschieben und dafür ihre Komfortzone verlassen? Wollen sie wirklich lernen, mit Schmerzen umzugehen, schmerzende Trainingseinheiten auf sich nehmen und positive Dinge daraus ziehen?», fragt er. Für ihn stehen vor allem die Eltern in der Pflicht. «Das Elternhaus ist ein Spiegel eines selbst und prägt. Ich bin mit meinem Vater bei jeder sich bietenden Gelegenheit draußen gewesen und habe mit ihm Sport geschaut und gemacht», erzählt Teichmann.
Aber auch die Internet- und Social Media geprägte Gesellschaft fordert die Verantwortlichen im Sport zum Umdenken. «Wollen wir den allgemeinen Sport bewahren oder zukünftig nur noch Fußball, Tennis, Formel 1 und E-Sport haben? Allein in Thüringen sind viele einst erfolgreiche Sportarten fast tot», sagt der Oberhofer.
Im Langlauf gibt es im Team der Trainer und Betreuer eine gute Mischung von Konservativen und Modernen. «So kann ich viele Athleten erreichen, vor allem die Jungen», sagt Bundestrainer Peter Schlickenrieder, ein großer Verfechter der neuen Kommunikationswege.
«Wir haben eine gemeinsame Philosophie, wie es voran gehen kann. Wir arbeiten daran, dass wir die Erwartungen vor allem auch in der Zeit nach der Heim-WM in Oberstorf 2021 und den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking erfüllen können», erklärt Teichmann. Im Hier und Jetzt wären zwei bis drei Ergebnisse in den Top-10, so wie der bereits erreichte Platz fünf seines Thüringer Schützlings Victoria Carl im Sprint ein Erfolg. Im Team-Wettbewerb wäre es gut, aktiv in den Medaillenkampf einzugreifen.
Auch Teichmann sei 2007 nicht mit dem Ziel in das Rennen gegangen, Weltmeister zu werden. Ambitioniert sei er aber gewesen, sagt er rückblickend vor der diesjährigen WM-Auflage des Skiathlon am Samstag in Seefeld. «Die Top-Sechs sollten es schon werden», sagt Teichmann, der bereits 2003 in Val die Fiemme Weltmeister über 15 Kilometer klassisch geworden war. Nach dem Sieg, bei dem er unter anderen auch den späteren Superstar Petter Northug aus Norwegen distanzierte, war die Freude groß, aber nicht überschwänglich.
«Klar war ich stolz, aber es waren eher gemischte Gefühle. Ich wusste, dass mein großes Ziel, eine olympische Einzelmedaille, noch in weiter Ferne ist und das der Rucksack, den ich ab sofort mit mir rumschleppe, noch schwerer wird. Aus heutiger Sicht war es eher das Häkchensetzen hinter einem Ziel, das ich hatte. Denn den WM-Titel von 2003 und den Gesamtweltcup-Erfolg von 2005 wollte ich irgendwie bestätigen», berichtet der Thüringer. Er will nun dabei helfen, dass die deutschen Langläufer irgendwann wieder ähnliche Erfolge feiern können.
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(dpa)