Gelsenkirchen – Vor fünf Jahren schwebte Magdalena Neuner vom Hallendach auf die improvisierte Loipe. 50 000 Fans verabschiedeten die Biathlon-Rekordmeisterin auf Schalke in die frühe Sportler-Rente. Jetzt ist die 30-Jährige wieder da – als Expertin für die ARD bei der World Team Challenge.
Auch Neuner hofft, dass bei dem Spektakel im Fußballstadion die beiden deutschen Weltmeister-Duos mit Laura Dahlmeier/Benedikt Doll und Franziska Hildebrand/Erik Lesser an das Vorjahr anknüpfen können. Da hatten Vanessa Hinz/Simon Schempp und Hildebrand/Lesser den ersten deutschen Doppelerfolg geholt.
«Gold-Lena» genießt die Rückkehr ins Rampenlicht als kurze Auszeit von der Familie mit Mann Josef und den beiden Kindern Verena Anna (3) und Josef jr. (1). Schon beim Weltcup in Hochfilzen war sie als ARD-Expertin nach der Babypause im TV zu sehen. Filius Seppi ist jetzt ein Jahr alt. Und Magdalena Neuner kann wieder ihrem Beruf nachgehen. Welchen hat sie überhaupt? «Mein Beruf ist, Magdalena Neuner zu sein, und damit kann ich Gott sein Dank mein Geld verdienen und habe auch noch Spaß dabei», sagt die zweimalige Olympiasiegerin der Deutschen Presse-Agentur.
Es sei ein «Traumberuf» – und das Beste daran: «Ich kann ich selbst sein.» Neben ihren Fernsehjobs ist die Wallgauerin noch bei einigen Projekten dabei und für Sponsoren unterwegs. Ihre Auftritte haben einen positiven Nebeneffekt: «Als Mama bekommt man nicht immer die tägliche Anerkennung. Durch meinen Job bekomme ich die Anerkennung und Bestätigung, die ich früher im Sport erhalten habe.»
Sportlich geht es für sie mittlerweile nur noch um den Genuss, sie macht, worauf sie Lust hat. Die Zeit seit ihrem Karriereende 2012 hat sie sehr verändert. Schnell konnte sie sich nicht mehr vorstellen, jemals Leistungssportlerin gewesen zu sein. «Denn ich habe mich sehr schnell in mein neues Leben eingefunden, weil ich sofort Dinge hatte, die mir sehr viel Spaß gemacht haben», erzählt Neuner, die eine weitere Veränderung durch die Geburt ihrer beiden Wunschkinder erlebte. «Diese Momente, die Liebe der Familie und der Kinder, hallen länger als der sportliche Erfolg.»
Vreni und Seppi fordert und fördert Magdalena Neuner, manchmal sei sie eine strenge Mama, denn Respekt vor anderen ist ihr sehr wichtig. Ist sie eine Helikopter-Mama? «Das versuche ich bewusst nicht zu sein, ich bin auch nicht so aufgewachsen. Ich versuche, sie viel auszuprobieren und mitmachen zu lassen», sagt Magdalena Neuner. Sie versuche, ihre Kinder «mit Weitblick zu erziehen, dass sie offen durch die Welt gehen und nicht engstirnig».
Die Frage nach dem dritten Kind erübrigt sich gerade. Erstens seien sie und ihr Mann derzeit ausgelastet. Und zweitens fehlt schlichtweg der Platz. Aber im kommenden Jahr will Familie Holzer, so ist Neuners offizieller Name nach der Heirat mit ihrer Sandkastenliebe, in ihrem Heimatdorf Wallgau endlich mit dem Hausbau beginnen.
Vor allem mit ihrer dreijährigen Tochter («Sie ist schon ein kleines, gewieftes Schlitzohr») ficht die zwölfmalige Weltmeisterin ab und zu kleinere Kämpfe aus. «Sie ist stur, und da erkenne ich mich total wieder. Ich bin auch so ein extrem sturer Mensch, wenn ich was nicht will, dann will ich nicht. Da hält sie mir ab und zu den Spiegel vor.» Während Vreni ein richtiges Mädchen mit Vorlieben für Tanzen, Verkleiden und Singen sei, ist Seppi laut Neuner «ein Haudrauf und gibt immer Vollgas, er hat mehr Temperament».
Bilder von ihren Kindern in den sozialen Medien gibt es wenn nur von hinten. Ihre Gesichter zeigt sie bewusst nicht – und wird es auch nicht tun. Sie will ihre Privatsphäre schützen. Später könnten die Kinder selbst entscheiden. «Macht man es, weil man dann mehr Follower hat? Es gibt Wichtigeres», sagt die 30-Jährige.
Neben ihrer Expertentätigkeit engagiert sich Magdalena Neuner unter anderem in der Björn-Schultz-Stiftung. Zudem sitzt sie seit Mai vorigen Jahres im Kuratorium der Fußball-Bundesliga-Stiftung. Sie wählt genau aus, was sie macht. «Es ist irgendwie unglaubwürdig, wenn man für zehn Projekte sein Gesicht hergibt. Aber ich finde, das ist man der Gesellschaft schuldig, dass man etwas zurückgibt.»
Leute würden oft sagen, es sei ihre Pflicht, etwas im Sport zu machen. «Noch habe ich keine Zeit dafür. Aber ich habe im Hinterkopf, dass es meine Pflicht ist, als so erfolgreiche Sportlerin Kindern was von meinem Wissen weiterzugeben», sagt Magdalena Neuner. Vorstellen kann sie sich eine Arbeit als Trainerin oder eine Art Mentorin. Derzeit ist aber erstmal im Fernsehen ihr Expertenwissen gefragt.
Fotocredits: Angelika Warmuth
(dpa)