Lahti – Hermann Weinbuch ist ein Phänomen. Seit 24 Jahren ist der Bayer Bundestrainer der Nordischen Kombinierer. Und seine Schützlinge eilen von Erfolg zu Erfolg. Nach der Jahrtausendwende hagelte es förmlich Medaillen bei Olympischen Winterspielen und Weltmeisterschaften.
In Lahti könnte es am Freitag im Teamsprint, den seine derzeitigen Vorzeigeathleten Johannes Rydzek und Eric Frenzel laufen, zum 44. Mal Edelmetall für Weinbuch geben. Und wenn alles nach Plan läuft zum 15. Mal Gold.
«Wenn du in einer Randsportart Erfolg haben willst, brauchst du ein Konzept, das überzeugt», sagt Weinbuch. Der 56-Jährige ist ein Denker und Arbeiter. Er beobachtet die Entwicklung der Sportart, erkennt früh Trends und Tendenzen und richtet das Training der Spitze danach aus. «Du musst die Trainerkollegen in den Stützpunkten genauso im Boot haben wie die Athleten. Und du musst Vertrauen schaffen. Wenn das gelingt, braucht man kaum noch Psychologie», erklärt Weinbuch.
Der Familienvater kann dabei aus einem Füllhorn an Erfahrung schöpfen. Schließlich war er selbst ein erfolgreicher Kombinierer, wurde dreimal Weltmeister. «Ich habe mir sehr viel selbst beigebracht. Aus der Erfahrung heraus weiß ich, was geht und was nicht», erzählt Weinbuch.
Seinen Co-Trainer Ronny Ackermann bezeichnet er als kongenialen Partner. «Was ich nicht weiß, weiß der Acker. Er hat von seinem Trainerstudium einiges Neues mitgebracht. Das ergänzt sich dann mit meinen Ideen», sagt Weinbuch. Ackermann gibt das Lob zurück. «Er hat einen unheimlich hohen Sachverstand und ist ein sehr kompakter Trainer, der die Nordische Kombination wie kein anderer geprägt hat.»
Wenn man Weinbuch in seiner ruhigen, überlegten Art erlebt, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser auch mal laut wird. «Ich kann auch scharf sein. Aber vorher versuche ich, mit meinen Argumenten zu überzeugen», sagt Weinbuch. Olympiasieger Frenzel unterstreicht das. «Er kann auch mal lauter werden und einen in seinem bayrischen Dialekt anraunzen», berichtet der viermalige Weltmeister.
Weinbuch sucht die Nähe zu den Athleten, um sie zu verstehen und sie zu führen. Doch er weiß auch, wann er sich zurückziehen muss. «In Phasen, wo Entscheidungen gegen Athleten getroffen werden müssen, gehe ich auf Distanz und verhalte mich neutral. Zu viel Nähe könnte falsch interpretiert werden. Da musst du als Trainer brutal vorsichtig sein. Im Kampf um sportliche Erfolge, wie jetzt zwischen Rydzek und Frenzel, beziehe ich keine Position», sagt er.
Nach all den Erfolgsjahren ist Weinbuch nicht amtsmüde, hängt aber auch nicht mit Zehen und Klauen an seinem Job. «Wenn Ronny Ackermann jetzt käme und den Bundestrainerposten beanspruchen würde, hätte ich kein Problem damit. Mein Vertrag mit dem DSV verlängert sich, wenn ich will, und er endet, wenn ich will», berichtet der Coach.
Vor allem die Familie muss mitspielen. «Wenn es da wegen meiner ständigen Abwesenheiten Stress gäbe, würde ich sofort aufhören», betont Weinbuch. Eine andere Funktion im Verband könnte er sich gut vorstellen. Beispielsweise Stützpunktkoordinator. «Da könnte man dafür sorgen, dass die Quelle an Top-Kombinierern nicht versiegt.» Möglicherweise gehört in ferner Zukunft der nächste Weinbuch dazu. Sein achtjähriger Sohn hat im Herbst mit der Kombination begonnen.
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(dpa)