Motivation vom Kitzbühel-Sieger: Luitz heiß auf Comeback

Beaver Creek – An einen seiner wichtigsten Moment in der Reha erinnert sich Stefan Luitz noch ganz genau. Der niederschmetternde Kreuzbandriss war gerade einen Monat her, statt sich auf Olympia vorzubereiten, konnte der Skirennfahrer nicht richtig laufen.

Den Weltcup gab es für Luitz nur im Fernsehen – und dann passierte es: Thomas Dreßen gewann im Januar in Kitzbühel. «Ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich an dieses Rennen denke», erzählte der 26 Jahre alte Allgäuer der Deutschen Presse-Agentur. «Solche Emotionen bekommt man nur im Sport. Der Thomas hat mir diesen Anreiz gegeben, diese Extra-Motivation, wieder dahin zu kommen, wo ich einmal war.»

Luitz meint damit die Weltspitze, vor seiner Verletzung im Dezember 2018 war er in beiden Riesenslaloms der Saison auf das Podium gerast. Am Sonntagabend gibt er nun in Beaver Creek sein Riesentorlauf-Comeback. «Der Hang liegt ihm ganz gut, da ist er im Vorjahr Dritter geworden», erinnerte Bundestrainer Mathias Berthold. Sofort vom Angriff auf die Top drei auszugehen, das wäre aber vermessen. «Die Top 15 schafft er aus meiner Sicht allemal», prognostizierte Alpin-Chef Wolfgang Maier. «Vielleicht kann er sich sogar unter den besten fünf bewegen.»

Nachdem der Weltcup-Auftakt in Sölden Ende Oktober dem schlechten Wetter zum Opfer fiel, ist das Rennen im US-Bundesstaat Colorado die erste Standortbestimmung von Luitz in seiner Paradedisziplin. Und zugleich steht er sofort wieder im Fokus des deutschen Teams, weil Felix Neureuther nach seinem Daumenbruch nicht antreten kann. Wie am Mittwoch bestätigt wurde, verzichtete der Routinier wie vermutet auf den Trip nach Übersee und muss sein Comeback nochmal verschieben.

Warten, sich gedulden, den anderen zuschauen – das mussten Luitz und Neureuther in der vorigen Saison. Ein paar lange Wochen bildeten die zwei Techniker sogar eine Reha-Wohngemeinschaft und motivierten sich gegenseitig bei Aquagymnastik und Langlauf für die Rückkehr.

Während Neureuther im Sommer mit kleinen gesundheitlichen Dämpfern zu kämpfen hatte, klappte Luitz‘ Formaufbau tadellos. Nach einem Urlaub in Thailand mit Freundin Sarah quälte sich der Athlet im Kraftraum, Ende Juli trainierte er dann auf dem Gletscher erstmals mit dem Team. Die Verletzung habe Luitz «sehr gut weggesteckt, ist in der Reha immer im Plan gelegen», berichtete der deutsche Alpindirektor Maier. «Ich zweifle nicht daran, dass ihm ein solider Start gelingt.»

Körperlich ist der Sportler vom SC Bolsterlang wieder fast der Alte, wie zu hören ist. «Er fährt so gut wie vor der Verletzung», sagte Coach Berthold, schränkte aber ein: «Um der Alte zu werden, braucht man Rennerfahrung. Und das dauert meist ein bisschen.»

Schon vor Sölden soll Luitz in bestechender Trainingsform gewesen sein. Nun geht es darum, Vertrauen in das Knie zu haben. Luitz hatte sich das Kreuzband im Dezember 2017 in Alta Badia bei einem vermeintlich harmlosen Schwung ohne Sturz gerissen. «Es war, muss ich ehrlich zugeben, nicht ganz leicht. Wenn ich eine gscheide Brezn oder einen Sturz gehabt hätte, dann hätte man sagen können, das kann mal passieren», meinte der Allgäuer. «Daran habe ich wirklich mental arbeiten müssen und werde da auch weiter dran bleiben.»

Luitz galt jahrelang als Nervenbündel, weil er viele Chancen auf Top-Platzierungen mit vermeidbaren Fehlern vergab. Das änderte sich in der vorigen Saison, ehe ihn das Verletzungs-Aus ereilte. Ganz der Alte muss er also nicht mehr werden, sondern eher einer wie Dreßen aus dem Winter 2017/18, der dann selbst für Gänsehaut sorgt.

Fotocredits: Kerstin Joensson
(dpa)

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