Are – Felix Neureuther hat seit Jahren den Gang eines alten Mannes. Auch bei der Silbermedaillen-Party für Viktoria Rebensburg in Are bewegte sich der 34-Jährige eher langsam, ließ sich am langen Ende eines Tisches fotografieren und gab ein kleines Interview.
Neureuther war dort zusammen mit seiner Frau Miriam und den Eltern Christian und Rosi. Der Skirennfahrer berichtete vom Sturm und wie der das Training erschwerte, dem freien Freitag und wie er für den WM-Slalom am Sonntag alle Kräfte bündeln wolle. Über das, was als Gerücht die Runde machte, verlor er kein Wort.
«Ich glaube, ich hatte noch nie so eine schwierige Vorbereitung – und ich hatte in meinem Leben schon viele schlechte Vorbereitungen», sagte Deutschlands über Jahre bester Skirennfahrer zuletzt. Und diese Vorbereitung auf das voraussichtlich letzte ganz große Rennen seiner Karriere (11.00/14.30 Uhr/ZDF und Eurosport) wurde am Donnerstag ein weiteres Mal empfindlich gestört: Durch einen heftigen Sturz im Training. Das bestätigte der Deutsche Skiverband auf Anfrage.
Von einer Verletzung war zwar keine Rede, aber er passte ins Bild einer Saison, die für Neureuther einfach nicht gut laufen will. Nach seinem Kreuzbandriss und einer monatelangen harten Reha hatte er im Frühjahr eine lange nicht entdeckte Haselnussallergie, die viele Trainingstage kostete. Im November brach er sich vor dem Slalom in Levi im Training den Daumen, Mitte Dezember bremste ihn nach einem Sturz eine leichte Gehirnerschütterung aus.
«Was ist los, will mir mein Körper was sagen? Kollege, jetzt ist mal gut so?» – diese Fragen stellte sich Neureuther schon vor fünf Wochen in Adelboden. Denn: «Allzu viel Training geht leider nicht mehr, ich muss damit auskommen, was mein Körper zulässt.»
Wie und ob seine Karriere weitergeht, will der Papa einer kleinen Tochter nach den Weltmeisterschaften verraten. Zuletzt in Schladming sah alles schon sehr nach einem Abschied aus. Wie am Ort seines größten Triumphes, wo er 2013 WM-Silber und die erste Einzelmedaille seiner Karriere holte, will Neureuther auch am Sonntag in Schweden noch mal jubeln können. «Wenn jemand an drei Weltmeisterschaften nacheinander eine Medaille gewinnt, kann man bei der vierten WM auch auf ihn zählen», sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Mein Hauptziel ist, mit einem Lächeln am Start zu stehen und zweimal gnadenlos runterzutreten.»
Gut fünf Wochen vor seinem 35. Geburtstag am 26. März lässt der überall beliebte Bayer den Optimisten raushängen, trotz einer Saison mit drei achten Plätzen als Spitzenausbeute. Denn die Freude am Fahren sei wieder da: «Ich brauche kein Tape und keine Schiene am Daumen. Ich merke, dass mein Knie nicht mehr zwickt, dass die Oberschenkel ansprechen. Dass ich in der Früh normal aus dem Bett steigen kann. Dass ich den Kopf nach rechts und links drehen kann. Und dass ich mich als Athlet fühle und nicht als fahrendes Wrack.»
Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)