Pyeongchang – Als ginge Olympia einfach weiter: Die Diskussionen über Starter aus Russland und die Annäherung zwischen Gastgeber Südkorea und Nordkorea werden auch bei den am Freitag beginnenden Paralympics in Pyeongchang die beherrschenden Themen sein.
Zwar haben sich die Spiele der Menschen mit Behinderung längst als eigenständiges Event emanzipiert, 2018 erscheinen die Paralympics aber wie «Olympia Teil II».
«Wir haben viele gleiche Themen, das ist richtig», sagte Andrew Parsons, der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC): «Aber wir haben unsere eigenen Spiele.»
Dass die Debatte um den Start 30 russischer Athleten kurz vor Beginn schärfer wurde, hat das IPC auch selbst zu verantworten. Der Verband erteilte der umstrittenen Biathletin und Langläuferin Michalina Lisowa nachträglich die Starterlaubnis.
Der Deutsche Behindertensportverband reagierte mit «Verwunderung». Weil ihr Name in einem von der Welt-Anti-Doping-Agentur in Auftrag gegebenen Untersuchung zum Dopingsystem in Russland (McLaren-Report) auftaucht und vier Doping-Proben der heute 25-Jährigen Kratzer aufwiesen, steht Lisowa unter Manipulationsverdacht», schrieb der DBS. Parsons entgegnete, Lisowa habe alle Kriterien erfüllt: «Wir glauben, dass sie sauber ist.» Im Gegensatz zu Olympia, wo die vom IOC eingeladenen russischen Athleten als «Olympische Athleten aus Russland» (OAR) starteten, wird der Landesname nicht auftauchen. Das Team heißt «Neutrale Paralympische Athleten» (NPA).
Zur Eröffnungsfeier am Freitag wird laut Parsons auch Thomas Bach kommen. Die Sommer-Paralympics 2016 in Rio de Janeiro hatte der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees nicht besucht und dafür teils heftige Kritik von Athleten und Funktionären einstecken müssen.
In jedem Fall werden die Paralympics von Pyeongchang Rekord-Spiele. Das IPC vermeldet nie da gewesene Zahlen an teilnehmenden Nationen (49), Athleten (576), Doping-Tests (600) und Medienvertretern (800). Auch die 310 000 Tickets könnten komplett verkauft werden, das IPC erwägt gar eine Aufstockung des Kontingents.
Darüber hinaus bieten die Spiele interessante Athleten. Erstmals bei Winter-Paralympics werden zwei Nordkoreaner am Start sein, beide im Langlauf. Ob die Vertreter der beiden koreanischen Staaten bei der Eröffnungsfeier wie bei Olympia gemeinsam einlaufen werden, entscheidet sich erst kurzfristig.
Die Norwegerin Lena Schroeder spielt im Eishockey-Team der Männer mit, als erst zweite Frau und erste seit 24 Jahren. US-Snowboarderin Brenna Huckaby ließ sich als erste Para-Sportlerin als Badeanzug- und Bikini-Model für die amerikanische Zeitschrift «Sports Illustrated» mit ihrer Prothese am rechten Bein ablichten.
Das deutsche Team hat in Anna Schaffelhuber den Star der vorherigen Winterspiele von Sotschi in seinen Reihen – die Monoskifahrerin gewann 2014 bei fünf Starts fünfmal Gold. Eine ihrer härtesten Konkurrentinnen wird in Anna-Lena Forster eine Teamkollegin sein. Langläuferin und Biathletin Andrea Eskau, die auch Handbikerin ist, ist die einzige Starterin in Pyeongchang, die sowohl bei Sommer- als auch bei Winterspielen schon Gold gewann.
Das kleine deutsche Team mit 15 Individualsportlern, fünf Curlern und vier Begleitläufern geht optimistisch in die Wettkämpfe. «Eine Medaillenvorgabe gibt es wie immer nicht», stellte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher klar: «Wir gehen aber mit der berechtigten Erwartung auf Erfolge an die Spiele heran.» ARD und ZDF übertragen insgesamt 65 Stunden, meist in der Nacht.
Der Erfolg des deutschen Olympia-Teams, das so erfolgreich wie nie seit der Wiedervereinigung war, habe dem DBS-Team «mehr als einen Schub» gegeben, versicherte Beucher: «Ein Athlet sagte zu mir: Jetzt haben sie bei Olympia die Latte aber ganz schön hochgelegt. Das ist ein Ansporn für uns, das fortzusetzen.»
In Sotschi hatte Deutschland Platz zwei im Medaillenspiegel belegt – hinter Russland.
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(dpa)