Reinhold Messner ist einer der bekanntesten, aber auch umstrittensten Bergsteiger. Dazu trug neben seiner starken Selbstvermarktung und Medienpräsenz mit häufig polarisierenden Äußerungen zum Bergsteigen auch die Diskussion um den Tod seines Bruders Günther am Nanga Parbat im Jahr 1970 bei, bei der seine Darstellung der Ereignisse von seinen damaligen Bergkameraden in Zweifel gezogen wurde.
Nicht zuletzt auch dadurch, dass er felsenfest von der Existenz des Yeti überzeugt ist, hat er seinen zweifelhaften Ruf immer wieder bekräftigt. Nichts desto trotz kommt man an ihm nicht vorbei, wenn man sich mit dem Bergsteigen in seiner extremen Form befasst.
Der 1944 im italienischen Brixen geborene Messner war der erste Mensch, der auf den Gipfeln aller 14 Achttausender stand und er war der zweite Mensch, der die Seven Summits, die jeweils höchsten Berge der sieben Kontinente, erreichte.
Auch als Politiker der Südtiroler Grünen und als Buchautor machte Messner sich einen Namen. Vor Kurzem gab er der Stuttgarter Zeitung ein sehr ausführliches Interview, indem er ausgiebig darlegte, was die Menschen seiner Meinung nach in die Berge zieht und was er aus all seinen Erfahrungen in Extremhöhen und der Nähe zum Tod gelernt hat.
„Mein Bergsteigen ist Verzichtsalpinismus. Ich habe auf die Sauerstoffflasche verzichtet, auf das Hochlager, am Ende auch noch auf den Partner. Nur auf den Humbug, hinaufzusteigen, habe ich nicht verzichtet. Das werfe ich mir selber lächelnd vor. Aber ich bin sehr froh, dass ich es getan habe.“
Reflektierend und durchaus selbstkritisch gibt Messner Auskunft, darüber, was Spitzen-Alpinismus aus seiner Sicht ist.
„Was wir tun, ist unnütz, ich bin ein Eroberer des Nutzlosen.“
Doch die Leidenschaft für das Extreme und die Liebe zur Natur trieben ihn immer wieder dazu, neue Wege zu beschreiten:
„Ich gehe gar nicht erst los, wenn die jeweilige Expedition nicht das Sinnvollste ist, was es auf dieser Erde in dieser Zeit für mich gibt. Der Sinn fällt nicht vom Himmel, er wird auch nicht von einer Religion gestiftet, sondern ich selbst stifte Sinn, indem ich mir mein Tun wichtig mache.“
Und genau das ist es wohl, worin Bergsteiger aus aller Herren Länder mit ihm überein stimmen. Doch durchaus kritisch äußert er sich immer wieder zu den mittlerweile touristischen Aufstiegen wie denen am Mount Everest. Nicht, dass Messner anderen Menschen nicht die Natur und das Erlebnis gönnt.
„Wo kann man sich heute sonst noch in harmonischer Landschaft und Stille erholen? Solange Leute aus dem Büro auf einfachen Wanderwegen auf einen kleinen Berg hinaufsteigen, finde ich das sehr positiv.“
Doch hat Messner, im Gegensatz zu vielen Amateur-Bergsteigern nie den Respekt vor dem Berg und die Achtung vor der Natur verloren.
„Der Mensch ist unendlich viel kleiner als der Berg. Und deshalb wird der Mensch nie in der Lage sein, den Berg zu beherrschen. Ich kann Ausdrücke wie „Ich habe den Berg bezwungen“ oder „Ich habe den Berg erobert“ nicht mehr hören. Das ist Nazisprache. Die Nazis dachten, sie könnten die Welt erobern. Aber in Wirklichkeit sind wir da oben nur geduldete Kreucher und Fleucher.“
Angesprochen auf die vor Kurzem geschehenen Tragödien am K2 und am Nanga Parbat, äußert er sich nachdenklich.
„Karl Unterkircher ist am Nanga Parbat ein Unfall passiert, der jedem passieren könnte. Er war ein exzellenter Bergsteiger, und ich habe großes Verständnis dafür, dass er die letzte Wand am Nanga Parbat packen wollte. Die Tragödie jetzt am K2 ist was ganz anderes: Das war ein Massenaufstieg mehrerer kommerzieller Expeditionen. Da wird versucht, möglichst viele Leute auf den Berg zu kriegen, und denen wird suggeriert, dass der Berg so präpariert ist, dass jeder hochkann. Kommerzielle Expeditionen sind nicht mein Geschmack. Aber verbieten kann man sie auch nicht. Wenn sich Leute unbedingt auf diese Weise umbringen wollen, dann sollen sie sich so umbringen. […]Die Natur hat immer recht. Die Fehler machen immer nur wir.“
„Das, was ich tue, ist nicht kritisierbar, aber dafür habe ich alleine die Verantwortung. […] Dies gilt natürlich nur für den Grenzgang und nicht für das Massenaufsteigen auf den Everest oder die 600 Leute, die im Gänsemarsch auf die Zugspitze rennen. Die folgen ja nicht ihrer Idee, sondern der Idee eines Organisators. Sie sind fremdbestimmt.“