Trotz immer besserer Technik und Ausstattung ist die Zahl der Lawinentoten in den letzten Jahren gestiegen. Schuld daran ist die immer mehr um sich greifende Sucht nach Tiefschneefahren.
Dabei wird die Lawinengefahr offenbar immer wieder unterschätzt. Hightech-Ausrüstungen mit Lawinendetektoren verleihen ein Gefühl der Sicherheit- und genau das wird gefährlich.
Wer einmal das Grollen und Knirschen einer Lawine gehört hat und gesehen hat, welche Zerstörungskraft sie besitzen kann, der vergisst das mit Sicherheit nie wieder. Nur für manche ist es dann bereits zu spät.
Das sind vor allem die „jungen Wilden“, die in der Gruppe unterwegs sind und beim Freeriding jegliches Risikobewusstsein verlieren. Das Fahren in der Gruppe täuscht Sicherheit vor, die schlicht nicht gegeben ist. Kenntnisse über die Sicherheit und die Prüfung einer Strecke sind oft gar nicht vorhanden.
Dabei kann man auch Spaß im Tiefschnee haben, ohne solche Gefahren einzugehen.
Während der Schnee früher meist ohne äußeren Einfluss abrutschte, sind heute verstärkt Wintersportler dafür verantwortlich. Experten schätzen, dass über 90 Prozent aller Verschütteten die Lawine auch selbst ausgelöst haben und deren zerstörerische Gewalt im Vorfeld einfach unterschätzten.
„Man sieht es Hängen nicht an, ob sie lawinengefährdet sind oder nicht“, sagt Karl Schrag vom Deutschen Alpenverein. „Im Zweifel und bei unklaren Bedingungen ist das einzig sichere Verhalten, auf die Abfahrt zu verzichten“, bestätigt Bergführer Peter Geyer.
Im Vorfeld sollte man folgende Punkte beachten:
– Wie ist das Klima?
Starker Wind, tiefe Temperaturen unter 8 Grad minus und harscher Schnee sind nicht die besten Voraussetzungen. Auch viel Neuschnee in kurzer Zeit und Vergraupelung des Schnees sind Signale, doch lieber auf den festen Pisten zu bleiben.
– Wie steil ist der Hang?
Je steiler, umso größer die Gefahr einer Lawine.
– Handelt es sich um einen Nord- oder einen Südhang?
Schattenhänge im Norden sind die kälteren Hänge, hier sackt der Schnee nicht so schnell zusammen wie an Südhängen und rutscht deshalb häufiger ab. 70 Prozent aller Lawinenunfälle ereignen sich an Nordhängen.
– Liegt die Abfahrt in einer Rinne, Mulde oder einem Gefällsbruch?
Lieber meiden und auf Rippen, Rücken und hügeliges Gelände ausweichen.
Alarmzeichen wie ein dumpfes Geräusch aus der Schneedecke, Risse in der Schneedecke oder spontane Schneebretter weisen deutlich auf eine bestehende Gefahr hin. „Man sollte im Gebirge immer einen Handlungsspielraum einbauen und vom schlimmsten Fall ausgehen. Denn selbst wenn nichts passiert ist, weiß man ja nie, wie nah man am Worst-Case-Szenario dran war“, rät Bergexperte Peter Geyer.
Sicherheit geht immer vor: Lawinenpiepser, Schaufel und Lawinensonde sollten auf jeden Fall immer mit dabei sein, wenn es ans Freeriden geht, denn mit diesen Utensilien steigt die Rettungschance im Fall der Fälle enorm an. Bis zu 15 Minuten nach der Verschüttung werden neun von zehn Opfern lebend geborgen, 30 Minuten später überleben nur noch vier von zehn Personen. Nach einer Stunde sinkt die Überlebens-Wahrscheinlichkeit auf unter 30 Prozent.
Vorab unbedingt den Lawinenlagebericht abrufen. Die einzenen Sektionen des Deutschen Alpenvereins bieten außerdem regelmäßig Lawinenkurse an, die unbedingt zu empfehlen sind.